Dienstag, 27. Oktober 2009
27.10. Die fremdverschuldete Unmündigkeit
Ein schlimmer Tag brach über mich herein. Man sollte meinen meine gezählten Tage hätte sich zum Besseren gewendet aber dem war nicht so. Heute in Woche 3 meines Praktikums ging es wieder ein bisschen zur Sache: Löwendomteurin - Praktikant 1:0. Mein Leben ist eine Mördergrube - bei dieser Abschweifung stelle ich mir die Frage warum es nicht gleich Meuchelgrube heißt!? Egal. Letzte Woche brachte ich irgendwie herum, es war die Hölle aber sie verging. 5 Tage durchgehend Dienst, früh aufstehen, kein Frühstück, Stress in der Früh, Verantwortung tragen, Firma aufsperren, Sekretärin spielen/ersetzen, da die einzig wirkliche Fixkraft bekanntlich entlassen wurde - eine Woche früher als angedacht - und abends den Laden wieder zusperren. Anrufe von armen Teenagern, die einmal auf Honorarbasis für ein paar Nachmittage geschuftet haben kommen regelmäßig rein und sie fragen an, warum ihr Honorar noch nicht überwiesen wurde? Dieser Vorfall ist inzwischen schon beinahe eine kleine Lappalie - Daten werden aufgenommen und Leute werden vertröstet. Inzwischen bereits reine Routine. Der letzte Tiefpunkt war letzte Woche. Ich glaubte alles komplett falsch zu machen, wurde dann nachmittags in die Kälte geschickt und durfte vor einer Schule die Jugendlichen anquatschen und fragen, ob sie nicht für einen Nachmittag bei einer Gruppendiskussion 25 EUR verdienen wollten. Bei Schule 1 liefen noch alle davon, bei Schule 2 lernte ich dazu. Ich vermied es meinen Fragebogen zur Voranmeldung zu zücken und sprach die Jugendlichen direkt mit meinem Namen an. Dieser direkte Draht funktionierte noch am Besten. Viele waren zwar zögerlich aber einige hörten mir tatsächlich zu und waren dann dafür zu gewinnen. Zu gewinnen gab es allerdings nichts. Viele hielten mich für einen NGO Werber, dabei wollte ich nur fragen ob sie für 25 EUR als Geschenk für ihre Zeit einen Nachmittag mit anderen Jugendlich diskutieren wollten. Egal, das Wetter meinte es nicht gut mit mir. Bei einer Temperatur von 10 Grad begann es zu regnen. Nach 3 Stunden rumstehen kam ein Anruf meiner Feldchefin. Ich wurde zurückgepfiffen. Man müsste meinen aus Mitleid. Doch es hatte auch einen praktischen Grund. Wer ließe sich schon gerne im sprichwörtlichen Regen stehengelassen von mir ansprechen? Bei Regen findet man nun mal keine willigen Leute.

Prinzipiell waren die Schüler der höheren Bildung etwas aufgeschlossener als jene niedrigerer Bildung. Es gab aber durchaus angenehme Ausnahmen.
EGAL, das war gestern/letzte Woche/Vergangenheit.

Heute wollte ich nach einem lähmenden Vormittag Telefondienst und der eigenen Unfähigkeit und unzähligen verschwendeten Versuchen eine Excel Tabelle im A3 Hochformat auszudrucken auf Mittagspause gehen.
Ich war so nett und fragte, ob ich jmd etwas mitbringen könne?

Ehe ich mich versah hatte ich eine ganze Einkaufsliste für die Firma in der Hand. Hm=?! Firma? Mittagspause??? Ähm, tja ... gutmütig, trottelhaft wie ich bin nehme ich die Liste und marschiere bei der Tür hinaus und gehe in meiner Pause für die Firma in den Supermarkt. Die Firma ist der Souverän und ich bin der ferngesteuerte Sklave. Ave Firma! Auf der Liste Stand 2 x große Müllsäcke 60l 2x kleine Müllsäcke 30l ... etc. Lernfähig wie ich bin wusste ich bereits welche Sorte Kaffee zu nehmen war ohne, dass dieser den Mitarbeitern sauer aufstieß. Doch was war da? Gar nichts... im Regal wo sich die 30l Müllsäcke befinden sollten fand ich gähnende Leere vor. Zumindest 60l gab es. So, was tun? Einen läppischen Anruf wegen Müllsäcken tätigen? Die würden mich für verrückt halten dachte ich. Lieber gar keine mitbringen? Dann müsste ich vl. später noch einmal einkaufen gehen. Ok, dachte ich mir, dann wähle ich den Kompromiss und nehme zumindest neben den 2x 60l Säcken auch einmal ein Packung 20l Müllsäcke. Ich gehe weiter in der Liste vor. Ganz unten standen noch Batterien von Typ AA. An einer geschlossenen Kasse sah ich einen unsortierten Stapel Batterien ... verdammt es waren keine AA dabei ... und es waren auch keine billigen Eigenmarken, die imho gewünscht wurden. Pech gehabt dachte ich mir und just zu ende gedacht wurde auch die Kassa geöffnet an der ich eigentlich gar nicht angestellt war. Und schon sauste mein am Förderband abgestellter Einkauf bereits ungefragt durch den Kassenscanner ... Hey ... ich wollte doch zwischen privatem Jauseneinkauf und Firmeneinkauf trennen?! Ja darf die Kassiererin denn das überhaupt?! Ja, diese Frage ging mir für eine Millisekunde durch den Kopf. Dem Rest der Welt war dieser Gedanke als auch die Millisekunde herzlich egal. Das galt auch für die Kassiererin und ich machte mich mit der Rechnung rar auf der mein Jausenbrot plötzlich aufgelistet auf der Firmenrechnung stand. Was würde wohl AB denken? Wieder eine Standpauke für dem Jüngsten Gericht, dachte ich mir. Der Kunde nach mit bekam sogar Mitleid mit mir und half mir dabei meinen Einkauf schleunigst vom Kassentresen wegzubekommen, damit er seinen eigenen Einkauf tätigen konnte. Also quälte ich mich daraufhin wieder hinauf ins Stiegenhaus, mit merkwürdigen Müllsäcken und meinem blöden Jausenbrot. Erstaunlicherweise war AB mit mir recht milde. Sie meinte freundlicherweise, so etwas wie das Vergessen auf das Trennen von Firmen- und Privateinkauf könne ja vorkommen (zumindest nur genau 1 mal!).
Plötzlich fragte sie mich ob mit dem Einkauf sonst alles stimme? Ohne Zweifel spielte sie auf die Müllsäcke im 20l Format an. Ich wurde zur Rede gestellt und gefragt war denn genau auf der Einkaufsliste stand. Natürlich standen da 30l Müllsäcke und keine Silbe von 20l. Sie fuhr in belehrendem Tonfall fort und meinte, dass sei mein Lehrgeld dass ich zu zahlen habe. Die 1 EUR für die 20l Müllsäcke habe ich aus eigener Tasche zu begleichen. Bitte, danke. Ich sah noch einmal auf der Rechnung nach um zu sehen wie teure der Preis gewesen sei aber 1 EUR war nunmal ein EUR. Aus meinem Wohlgefallen für andere in meiner Mittagspause einkaufen zu gehen wurde nichts, ich zahlte dabei gar drauf und der eine EUR für Müllsäcke war meine Lektion. Ich fraß den mir eingeheimsten Frust in mich hinein und kochte dabei mein eigenes Süppchen. Auf kleiner kochender Flamme versteht sich. AUS! Ich will nicht mehr. Ich hasse diesen Job. Es ist erniedrigend. Fremde Menschen auf der Straße ansprechen, werben, selbst an Wochenenden Telefondienst schieben, Sekretärin spielen, das eine ums andere Mal ständig eine auf die Pfote geschlagen zu bekommen, AUS! Ich will nicht mehr. Und das für den Hungerslohn eines Zivildieners. Es ist so schrecklich demütigend. Auch wenn AB kurzfristig zu mir nett ist, dann hat es meist seinen Grund. Der Grund heißt den eigenen Müll auf anderen ablagern, auslagern, zu wissen dass man den anderen braucht und ihn kurz mal nett behandelt um ihm bei der nächst besten Gelegenheit eine reinzuballern. Es ist wirklich frustrierend. Nebenbei nervt mich der Druck von der UNI ... und ich bin gelähmt. Ich kann und will nicht mehr? Aufgeben? W.O. geben? Bin ich bereits in der 3. Runde KO? Knocked out müsste man es nennen. Mit einem Fuß befinde ich mich schon mal im aus. Während meine Studenten Kollegen gerade die UNI besetzen und die 68er wieder aufblühen lassen, werde ich bei meinem Pflichtpraktika konformer Weise mit Büroalltag aus der Hölle gefoltert!? Haben Praktikanten ein Recht auf Streik oder gar ein Recht auf Recht? Selbstverständlich nicht ... ansonsten werden sie einfach gegangen. So masochistisch es auch klingt, leider bin ich gekommen um zu bleiben aber der Wunsch zu gehen liegt mir nicht mehr fern :-(